Die Freiwillige Feuerwehr Schlüchtern hielt ihre gemeinsame Jahreshauptversammlung für den Förderverein und die Einsatzabteilung ab.
730 Mitglieder zählt die Wehr aktuell. Davon sind 620 fördernde Mitglieder. Der Einsatzabteilung gehören 68 Aktive an, davon 9 Frauen. 29 Mitglieder gehören der Ehren- und Altersabteilung an, davon 1 Frau. Der Nachwuchs der Wehr zählt derzeit 13 Mitglieder in der Jugendfeuerwehr. Davon sind 3 Mädchen. Der Vorstand kam im vergangenen Jahr zu 7 Sitzungen zusammen. Darüber hinaus wurde sich an zwei Sitzungen der Aktionsgemeinschaft Schlüchterner Vereine beteiligt.
Einen Punkt wurde durch den Vorsitzenden Mirko Jahn gleich am Anfang genannt, weil er sich, wie schon seit Jahren, auch in 2022 wie ein roter Faden durchzieht.
Die Parkplatzsituation am Untertor. Das Chaos auf dem Untertorparkplatz sei leider keine Seltenheit. Oft wurde das Thema angesprochen, aber passiert ist bisher nichts Merkliches. Fraglich sei, wo das noch hinführen solle. 100 Kinder auf einer Skifreizeit, die mit 100 Autos nachts gebracht werden, von 200 Elternteilen begleitet und 3 Busse mit 10 Betreuern
und Busfahrern kann irgendwann nur in einem Unglück enden, wenn ein Einsatz dazwischen kommt und unsere Leute zügig auf den Parkplatz gefahren kommen.
Hier kann die Lösung nur sein, dass Abfahrten von Klassenfahrten an einen anderen Ort verlegt werden. „Was spricht gegen eine Abfahrt vom Rasthof? Oder aktuell noch gegen das ehemalige Normagelände?“, so Jahn. Die Wenigsten kommen zu Fuß und ob man mit dem Auto zum Untertor oder an einen anderen Ort im Stadtgebiet fährt, macht keinen
Unterschied. Hier muss die Sicherheit aller im Vordergrund stehen, Einsatzkräfte und Reisende! Hier muss man die Öffentlichkeit auf diesen Missstand aufmerksam machen und dafür sensibilisieren. Zwar gab es bei uns noch keine körperlichen Übergriffe auf Rettungskräfte wie andernorts, aber verbale Entgleisungen und mitunter Verleumdungen wurden hier schon öfters geäußert. Es gilt kurzfristig zu handeln!
War letztes Jahr schon mehr möglich als in den Jahren 2020 und 2021, so konnte das Vereinsleben doch erst im Laufe des Jahres so richtig durchstarten.
Die Aktivitäten konzentrierten sich auf das Jubiläum und den Tag der offenen Tür. Solche zwei Veranstaltungen kosten viel Zeit, Ideen und Abstimmung um sie erfolgreich durchzuführen. Hierbei geht der Dank für die Unterstützung an das Vorstandsteam.
Zum Kommers am 02. September konnten viele Gäste in der Stadthalle begrüßen. Bei musikalischer Begleitung durch die „Dixie Oldies“ waren viele gekommen um diesen Abend mit der Wehr zusammen zu feiern. Die Stadthalle wurde, auch mit Hilfe von den Ehefrauen der Wehrmitglieder, festlich dekoriert und der Kommers erhielt somit einen würdigen Rahmen. Der Kamerad Kurt Beck hatte viel Vorbereitung in die Bilderwände über die letzten 100 Jahre investiert und auch für die Laudatio einige Schätzchen aus dem Archiv
hervorgebracht. Für die Laudatio konnte die Wehr den Kameraden Bernd Ullrich gewinnen. Er brachte die sehr vielfältige, lange und umfangreiche Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Schlüchtern in einer kurzweiligen Rede den Gästen näher. Die jüngeren Gäste erfuhren hier viel Interessantes und die Älteren konnten in Erinnerungen schwelgen.
Ehrungen verdienter Mitglieder sowie Anerkennungen für die geleistete Arbeit für die Freiwillige Feuerwehr Schlüchtern standen ebenso auf dem Programm, wie die Grußworte der Gäste. Zur Freuder der Wehr folgten viele Stadtteile der Einladung und auch zahlreiche Förderer der Wehr waren anwesend.
Nach dem offiziellen Teil blieb noch viel Zeit für Small Talk und das leckere Buffet vom Restaurant Jedermanns. Jahn bedankte sich ebenfalls bei der Stadtverwaltung, die der Wehr die Stadthalle kostenlos zur Verfügung gestellt hatte.
Nur zwei Tage später stand der Tag der offenen Tür am Feuerwehrhaus an. „Was an diesem Tag in und vor dem Gerätehaus abgegangen ist, hat es in den Jahren, seitdem wir den Tag der offenen Türe durchgeführt haben, noch nie gegeben.“, so Mirko Jahn. „Wir wurden förmlich überrannt. War es zum einen, dass die Bevölkerung Lust auf Veranstaltungen hatte und das Wetter perfekt mitspielte, so war es aber vor allem das abwechslungsreiche, interessante und professionell vorgetragene Programm an diesem Tag, was dazu führte, dass einige Tausend Besucher uns quasi die Bude einrannten. Schon früh mussten zusätzliche Festzeltgarnituren aufgebaut, Getränke nachgeholt und weiteres Essen bestellt werden.“, blickte Jahn auf diese Veranstaltung zurück. Der Tag der offenen Tür ist die größte Hilfeleistungsshow im oberen Main-Kinzig-Kreis – vielleicht auch im ganzen MKK. Ein großer Dank geht an alle Teilnehmer wie der DLRG, der Fa. Henning, der Rettungshundestaffel Main-Kinzig und der Stadtkapelle Schlüchtern für die musikalische Unterhaltung. Ganz besonders bedankte er sich bei dem Schützenverein, dem SCC, der Ehren- und Altersabteilung und der Feuerwehr Niederzell für die Unterstützung an diesem Tag. Aber auch bei den Partnern und Partnerinnen. Alleine ist eine solche Veranstaltung nicht zu bewerkstelligen. Dieser Tag brachte der Wehr 9 neue passive Mitglieder.
Der Kalte Markt stand endlich wieder auf dem Programm mit der Kultinstitution „Löschbude“. Wie ein Tag der offenen Tür ist auch eine Löschbude kein Selbstläufer, auch wenn
das für viele gefühlt die letzten Jahre so war. Eine Löschbude ist eine Woche nonstop Arbeit vom Aufbau über den Betrieb bis zum Abbau. Aber – und das sehen die wenigsten, bis es soweit ist, stehen noch viele, viele Stunden Vorarbeit auf dem Programm. „Das wurde in der Vergangenheit hauptsächlich durch unseren „Paul“ gemacht. Unterstützt wurde er in den letzten Jahren tatkräftig durch unseren Johannes. Aber dieses Pensum ist durch zwei Personen nicht mehr zu bewerkstelligen. Daher muss die Verantwortung für die
Vorbereitung, die Durchführung und die Nachbereitung auf mehrere Schultern verteilt werden.“, so Mirko Jahn in seinem Bericht. Dazu wurde eine Bestandsaufnahme von
allem gemacht und darauf basierend wird es Teams geben müssen, damit wir auch in diesem Jahr wieder eine Löschbude haben werden. Was bei der Durchführung der Löschbude noch erschwerend hinzu kommt, sind die seit einigen Jahren notwendigen Brandsicherheitsdienste. 200 Stunden Brandsicherheitsdienst on Top leistet man nicht mal so nebenbei.
Wir stehen an einem Punkt, an dem wir entscheiden müssen, ob und wie wir die Löschbude zukünftig machen wollen und können. Das kann durch Verkleinerung, ein anderes Konzept, mehr Unterstützung durch passive Mitglieder oder im schlimmsten Fall eine Nichtteilnahme sein.
Mirko Jahn berichtete auch über Spender (insgesamt 6860 Euro) und Anschaffungen beziehungsweise Unterstützungen für die Wehr durch den Förderverein wie Gelder für Fahrsicherheitstraining, Fortbildung Drehleitermaschinisten, Ausrüstung für die Waldbrandbekämpfung, persönliche Schutzausrüstung, Uniformen etc.: Insgesamt mehr als 13 000 Euro für Ausrüstung und über 11 000 Euro für Rückstellungen. Kurz riss er das Thema „Neubau Stützpunkt Schlüchtern“ an: „Der Standort ist immer noch das Nadelöhr, was die Planung schwierig macht. Nach der letzten Sitzung Anfang März sind wir aber mal wieder optimistisch, dass wir im Laufe das Jahres eine Entscheidung haben.“ Weiter ging Jahn auf den demografischen Wandel ein, weshalb es in Zukunft weniger Menschen im einsatzfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren geben werde: „Um diese Altersgruppe buhlen dann alle
Vereine.“ Auf einen Ausblick ins laufende Jahr folgten Kassenbericht, Bericht des Kassenprüfers und die Entlastung des Vorstands sowie die Wahl eines neuen Sprechers der Ehren- und Altersabteilung. Gewählt wurde Werner Dörr, der auf Rainer Egner folgt.
Als Rainer Egner in die Jugendfeuerwehr eintrat, war er 14 Jahre alt. Seither hat er sich um seine Schlüchterner Wehr verdient gemacht, was nun mit der Ernennung zum Ehrenmitglied gewürdigt worden ist. Fast 40 Jahre lang war Egner aktiver Feuerwehrmann, sechs Jahre stand er dem Feuerwehrverein vor, 17 Jahre ist er schon Sprecher der Altersund Ehrenabteilung. „Auch wenn er keine Position als Gruppen- oder Zugführer hatte, so sind seine Verdienste um die Feuerwehr Schlüchtern unbestritten“, lobte Vorsitzender Mirko Jahn, der Egner als verlässlichen Kameraden mit unglaublichem Wissen über die Geschichte der Innenstadtwehr beschrieb. Für 50 Jahre Mitgliedschaft in der Wehr wurde zudem das ehemalige aktive Mitglied Willi Kesselhut geehrt.
Wehrführer Christian Gärtner erinnerte an physisch und psychisch belastende Einsätze, insgesamt musste die Wehr im vergangenen Jahr 110 Mal ausrücken. Hierbei wird die Wehr durch fünf Kameraden aus den Stadtteilen sowie aus dem Landkreis Fulda in der Tagesalarmbereitschaft unterstützt. „Im Jahr 2022 mussten wir insgesamt 110-mal ausrücken. Das sind 20 Einsätze weniger als im Vorjahr“, berichtete Gärtner zwar Positives. Allerdings gab es einige Einsätze die besonders herausfordernd waren.
Am 27. Januar wurden die Kameraden zu einem Zimmerbrand in den Niederzeller Weg alarmiert. „Bis zum Eintreffen hatte sich das Feuer bereits vom Erdgeschoss auf den Dachstuhl und die Zimmer im Dachgeschoss ausgebreitet“, berichtet Gärtner. Das Feuer wurde von mehreren Trupps unter Atemschutz abgelöscht. Bei dem Einsatz unterstützen die Niederzeller Wehr sowie Feuerwehrkameraden aus Wächtersbach mit einer weiteren Drehleiter.
„Am 24. Juni wurden wir zu einem Austritt von Gefahrstoff auf die A 66 Bad Soden-Salmünster Richtung Steinau alarmiert.“ Dieser Einsatz war für die Einsatzkräfte sehr kräftezehrend, musste doch teilweise unter schweren Chemie-Schutzanzügen gearbeitet werden. Aber auch das Wetter „hatte alles – von massiver Sonneneinstrahlung und Hitze bis hin zu starkem Wind und Regen“. Die Schlüchterner waren fast neun Stunden im Einsatz. Nur drei Tage später ging es zu einer unklaren Rauchentwicklung in die Behindertenwerkstätten Am Schafleger. Ein Schwelbrand in einem Holzspänebunker wurde zu einem kräftezehrenden Einsatz, der weitere Spezialkräfte notwendig machte. Die Werkfeuerwehr Merck aus Darmstadt unterstützte und flutete den Spänebunker bis zum Eintreffen einer Spezialfirma mit Kohlenstoffdioxid. Durch eine Spezialfirma wurden die Löscharbeiten mit Stickstoff fortgeführt. „Dieser Einsatz beschäftigte uns mehrere Tage, wobei die Dauer des Ersteinsatzes schon bei circa 26 Stunden lag“, berichtet Gärtner.
Am 22. Oktober hieß es für die Feuerwehrleute aufgrund ihrer Brand-Erfahrungen aus der Vergangenheit bei Verbrauchermärkten kurz die Luft anzuhalten: „Wir wurden zu einem unklaren Feuer zum Herkules-Einkaufsmarkt alarmiert“, berichtete Gärtner. Dort hatten Unbekannte die Außenbestuhlung des Cafés in Brand gesetzt. Das Feuer konnte sich durch eine geplatzte Scheibe in das Innere des Marktes ausbreiten.
Psychisch sehr belastend sei ein Einsatz am Morgen des 30. Oktober auf der A 66 gewesen. Bei einem Verkehrsunfall wurde eine Person tödlich verletzt und musste nach der Unfallaufnahme durch Polizei und einem Sachverständigen von den Einsatzkräften aus dem Auto geborgen werden.
Bedauerlicherweise wurden auch der Bahnhof und die angrenzende Bahnstrecke wieder von Menschen aufgesucht, die ihrem Leben dort ein Ende setzten – zuletzt im Jahr 2022 am Tag vor Heiligabend von einer jungen Frau. Die physischen, aber „vor allem auch die psychischen Belastungen, denen die Frauen und Männer der Einsatzabteilung immer wieder ausgesetzt sind“, seien enorm, betonte der Wehrführer. „Dies geschieht auch immer wieder zu Zeiten, in denen der ‚normale‘ Bürger im Bett liegt und schläft.“ Die Feuerwehrleute hingegen „stehen auf und helfen – ehrenamtlich und unentgeltlich“, wofür Gärtner ausdrücklich dankte.